Einen Kollegen, einen Zeitgenossen, einen Intellektuellen zu würdigen, heißt, sich ihm anzuvertrauen, wenigstens einmal mit seinen Augen zu sehen, die Formen und auch Urteile seiner gedanklichen und theoretischen Arbeit für die eigene zu akzeptieren und möglicherweise ihnen weiterzufolgen, als im Komment wissenschaftlicher Ehrerbietung durch die Zitatformel „... siehe auch ...“ üblich ist. Denn längst erschließen Fußnoten nicht mehr Texte, die schwer zugänglich sind; auch belegen sie nicht mehr die Familienautoritäten, auf die man sich zu stützen behauptet. Die „siehe auch“-Fußnote belegt nur noch den Versuch, wenigstens diejenigen zu Käufern und Lesern einer Veröffentlichung zu machen, deren Namen im Buch vorkommen.
Ich komme bei Werckmeister nirgends namentlich vor, so sehr ich mir auch wünschte, es wenigstens zu einem „siehe auch“-Namen gebracht zu haben; so etwa, wie Bundeskanzler Helmut Kohl sich wünschte, zu einer Fußnote im Buch der Geschichte zu werden. Zutrauen zu Werckmeister fand ich, weil er sich davon freihielt, marxistische Kunstgeschichtsschreibung als Karriereseilschaftspassepartout zu verwenden. Bewunderung für seine analytischen Fähigkeiten konnte ich entwickeln, als ich verstand, daß er mit seiner Arbeit über die Zitadellenkultur die für mich entscheidende Problemstellung der Gegenwart umrissen hatte. Unverbrüchlichen Respekt ihm gegenüber bezeige ich, seit er die „linken Ikonen“ der gleichen Ideologiekritik unterwirft wie die Manifestationen des bürgerlichen Bewußtseins. Sich selbst den Analysen und Urteilen zu beugen, die man häufig so unnachsichtig gegen Dritte zur Geltung bringt, schien mir immer schon der einzig brauchbare Maßstab für die Bewertung intellektueller und wissenschaftlicher Arbeit.