ich habe immer angenommen, dass das Publikum jederzeit intelligenter sein kann als jeder vortragende Künstler. Die Auffassung, ich müsse den Leuten etwas sagen, weil sie dumm sind, habe ich nie gehabt. Im Gegenteil: Ich muss die Leute als Adressaten bilden, gerade weil sie ein solch ungeheuerliches Potenzial haben. Und nur deswegen ist es auch möglich. Dummen Leuten kann man nichts erzählen! Die Würdigung der Intelligenz des Zuhörerkollektivs besteht ja gerade darin, sich nicht auf billige Tricks rauszureden, nicht auf Unterhaltungsgetue. Deswegen wirkte ich immer aggressiv oder arrogant, weil ich auf das Publikum nie Rücksicht genommen habe. Ich habe immer gedacht, das Publikum sei unendlich viel intelligenter. Aber das ist leider immer wieder ein Irrtum, und zwar aufgrund der Tatsache, dass die Individuen, also die lokale Intelligenz, zwar ansprechbar sind, aber sobald die Dynamik des Sozialverhaltens, der Gruppenpsychologie, hineinkommt, wird es prekär.
Quelle
Bazon Brock – Abschnitt in:
Café Deutschland
Buch · Erschienen: 01.01.2018 · Herausgeber: Franziska Leuthäußer
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Mathias Bergmann
10.06.2019
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