Der "homo sapiens sapiens" definiert sich durch seine Fähigkeit, reflexiv, also auf sich selbst angewandt, zu wissen, was ihm bekommt und was ihm nicht bekommt, und auf welche Weise er das unterscheiden kann. Er entwickelt Kriteriensätze unterschiedlichster Unterscheidungsbereiche, und das nennen wir die Herausbildung eines Geschmacks. Das ist nicht nur wichtig auf der unmittelbaren Ebene der Zuführung von Lebenssubsidien durch Essen, sondern ebenso wichtig für den Bereich der sozialen Bedürfnisse, also z.B. der Zuführung von Liebe, Zuneigung, Anerkennung. Das gilt natürlich auch für den mehr oder weniger ausgeprägten Wunsch, für Macht- und Herrschaftsansprüche Bestätigung zu bekommen. Es geht also bei dem "sapere" als Schmecken im Sinne des im 18. Jahrhundert herausgebildeten Begriffes "Geschmack" um die generelle Fähigkeit der Menschen, Dinge auf der Welt deswegen für bedeutsam zu halten, weil er sie unterscheiden kann - und umgekehrt: Er lernt, Dinge zu unterscheiden, weil er herausfindet, dass sie für ihn und in welcher Intensität sie bedeutsam sind. Aus der unmittelbaren Unterscheidungsfähigkeit, zu der auch Tiere fähig sind, wird beim "homo sapiens sapiens" Geschmack, wenn er, über die unmittelbaren Unterscheidungskriterien hinaus, zusätzlich noch die verschiedenen Unterscheidungsarten zu unterscheiden fähig ist, also auch auf dieser höheren Stufe Unterscheidungskriterien entwickelt. Reflexiv das "Unterscheiden zu unterscheiden", ist eine spezifische Fähigkeit des "homo sapiens sapiens". Damit ist das gesamte Programm - vom Stammhirn über das Zwischenhirn bis zum Großhirn - beschrieben, durch das Unterscheidungsfähigkeiten auf verschiedenen Stufen gegenüber den Umweltwahrnehmungen entwickelt werden. Sie stellen die Grundlage für die vielen Reaktionsentscheidungen dar, mit denen wir ständig auf Signale aus unserer Umwelt wie auch aus unserem Körper antworten.