Festschrift Hubert Burda. Kunst und Medien.

Festschrift zum 9. Februar 2000

brockimport 0113-orig.jpg, Bild: brockimport ID_Object 113.
brockimport 0113-orig.jpg, Bild: brockimport ID_Object 113.

Die Autoren des Buches sind Freunde, Kollegen sowie Konkurrenten, Unternehmer und Wissenschaftler, Dichter und Denker. Darunter sind Helmut Markwort, Rudolf Augstein, Reinhold Messner, Willy Bogner, Steven Spielberg, Leo Kirch, Lord Weidenfeld, Rachel Salamander, Christoph Ingenhoven, Bazon Brock, Klaus Mangold , Peter Hamm, Peter Handke, Peter Glotz und andere..

Das Buch die Darstellung eines Stückes Zeitgeschichte. Reich bebildert mit vielen Fotos aus Hubert Burdas Leben.

Erschienen
1999

Herausgeber
Betzler, Judith

Generativitätsquotient GQ.

Maßzahl für Wirksamkeit – genetisch und extragenetisch.

"Hubert, was tust du?"; "Du lieber Gott, was treibt den Hubert, sich für die Auflagensteigerung der alten Bunte und des neuen M bis zur Erschöpfung abzustrampeln? Ein einzelner Text wie seine Dissertation über den Ruinenmaler Hubert Robert ist doch mehr wert als alles, was je über die Publikumsrenner erreicht werden kann! Mit ein paar gelungenen Gedichten hat man doch eine größere Chance, sich dem kulturellen Gedächtnis einzuschreiben als mit Hunderttausenden von Magazinseiten."
Auf derartige Vorhaltungen gab Hubert Burda allen, die ihm Ende der 60er Jahre bei den Treffen in der Wohnung Schackstraße zusetzten, stets verbindlich aber entschieden zu verstehen, daß sie noch nicht kapiert hätten, was im Zeitalter der Massenmedien Wirksamkeit bedeute.

Zwar war es das erklärte Ziel aller 68er-Aktivisten, "massenhaft" wirksam zu werden, die Massen zu erfassen – zugleich aber standen sie in radikaler Opposition zu den Massenmedien, die durch die Springerpresse repräsentiert wurden. Die Einheit in dieser Entgegensetzung sprach das weitverbreitete Argument an, Wirkung auf die Massen auszuüben sei nur dann erlaubt, wenn man das richtige, fortschrittliche, sozialistische Bewußtsein damit zur Geltung bringe.
Andererseits galt: nur die Vorgaben des verblendeten Bewußtseins (privatistischer Lebensgenuß in kleinbürgerlicher Abgeschiedenheit; Selbstgewißheit in der fraglosen Überlegenheit der eigenen Kultur; Ausbeutung der Unterlegenen als Entwicklungshilfe) könnten überhaupt massenwirksam werden: Was massenwirksam ist, sei damit von vornherein vom falschen Bewußtsein oder von der Gegenaufklärung im kapitalistischen Verwertungsinteresse getragen.

Noch bemerkenswerter: die Aktivisten legitimierten ihre Kampagnen mit der Behauptung, sie sprächen im wahren Interesse der vorübergehend noch verblendeten Zeitgenossen.
Künstler, Literaten, Dramatiker, Filmemacher adressierten nicht ihresgleichen, sondern diejenigen, die als Verblendete natürlicherweise kein Interesse an der Arbeit der Aufklärer haben konnten.
Wie dachte man, aus diesen Widersprüchen herauszukommen? Der Schlachtruf: "Bürger, laßt das Gaffen sein, kommt herunter, reiht Euch ein" wies die Richtung. Es galt, die anonymen Mitglieder der grauen Masse zu individualisieren, also als Bürger anzusprechen, um sie als entfaltete Individuen zu befähigen, sich freiwillig zum Kollektiv zu assoziieren.
Der Maßstab für die Entfaltung der Persönlichkeit bestand in der Fähigkeit des Einzelnen, sich mit anderen zusammenzuschließen, also: in seiner sozialen Bindungsfähigkeit. Dieses Vorgehen wurde auf das Paradox zugespitzt: aufgeklärte Massen seien Gemeinschaften der Einzelgänger.
Als solche vorbildlichen Gemeinschaften akzeptierte man damals die Kommunen um Rainer Langhans und Fritz Teufel, die von Prem und Fischer initiierte Künstlergruppe Spur oder die Gruppe Cobra um Karel Appel bzw. die Aktionsgemeinschaft der Fluxus-Künstler von Maciunas.

In der Schackstraße formierten sich die Petrarquisten, die ab 1975 jährlich im Juni auf Huberts Einladung eine kleine Canetti’sche Feiermasse bildeten.
Zunächst glaubten die Beteiligten, die Wirksamkeit ihres Tuns (Gedichte lesen, Petrarca huldigen, kunst- und kulturgeschichtliche Causerien bei vorzüglichem Speisen und Trinken) durch Einladung von Feuilleton-Redakteuren der führenden Zeitungen zu sichern.
Aber nach der dritten oder vierten Petrarca-Reise wurden Journalisten offiziell nicht mehr eingeladen. Warum? Was hatte sich geändert in der Auffassung von Wirksamkeit?

siehe auch: