Eine Essenz

Die Maxime des Kooperationsbundes besagt, dass die Beteiligten glauben, sich in vollem Umfang wechselseitig vertreten zu können. In den englischen Colleges wird das heute noch dadurch geübt, dass die Studenten angehalten werden, die Meinungen und Urteile anderer wiederzugeben, anstatt sich bloß mit ihrer eigenen Meinung in Szene zu setzen. Der Dreiklang »Beuys Brock Vostell« meinte, dass bei jeder Arbeit an einem Thema vor Publikum ein pädagogischer, ein propagandistischer und ein polemischer Aspekt sichtbar werden sollten. Beuys übernahm zumeist die Rolle des Pädagogen, Vostell als ausgebildeter Werbegrafiker hatte die Wirkung von Aussagen (herkömmlich Propaganda genannt) in den Vordergrund zu stellen und ich war für die Polemik zuständig – in der alten Tradition der Rhetorik. Wir wählten diese in Deutschland beargwöhnten Kennzeichnungen ganz bewusst, um gegen die Vereinnahmung der Begriffe durch Wirtschaft, Werbung und Bildungspolitik anzugehen. Die Ablehnungshierarchie der deutschen Öffentlichkeit galt erstrangig jeder Art von Polemik, dann der Propaganda als Ideologiewerkzeug und schließlich der Pädagogik als Besserwisserei von Stubenhockern. Wir bezogen uns auf die Offensiven Lessings, Schillers und Büchners, in denen Leidenschaftlichkeit für Polemik stand, Ausrichtung auf ein Ziel für Propaganda und Fürsorglichkeit im Einsatz für andere als Pädagogik.
Quelle

Bekenntnisse zur Ausstellung Beuys Brock Vostell – Abschnitt in:

Beuys Brock Vostell. Aktion Partizipation Demonstration

Beuys Brock Vostell

Buch · Erschienen: 01.01.2016 · Herausgeber: Weibel, Peter | ZKM, Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe

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