Eine Essenz

Im Oktober 1965 übernahm ich auf Einladung Herbert von Buttlars, des damaligen Direktors der Hochschule für bildende Künste, Hamburg, einen Lehrauftrag für nichtnormative Ästhetik. Von Buttlar war auf mich durch Hinweise des Heidegger-Verlegers Günter Neske aus Pfullingen gestoßen. Neske war der Meinung, daß ich mit meinen Arbeiten auf eine wohl »seltsam« zu nennende Weise zeitgemäße Anverwandlungen von Problemstellungen betriebe, die Heidegger in den 20er Jahren entwickelt hatte. Gerade weil Neske sehr gut wußte, welche Entwicklung das Heideggersche Denken genommen hatte, hielt er es für wichtig, die ursprünglich in der Phänomenologie aus der alltäglichen Lebenspraxis aufgegriffenen Fragestellungen wieder zu bearbeiten. Methodisch bedeutete das, normative ästhetische Theorien aufzugeben zugunsten von beobachtender und beschreibender Entfaltung der Phänomene. Es galt, eine Form der nichtnormativen Untersuchung zu entwickeln, deren Vorgehensweisen genau denen entsprechen, aus denen die zu vermittelnden Phänomene hervorgegangen waren. Ein derart arbeitender Theoretiker wendete also künstlerische Praktiken selber an, ohne dadurch seinerseits etwa Kunstwerke hervorbringen zu wollen.

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