Action Teaching Denkerei im re|space: Die Chinesen sind die besseren Deutschen
Etwas ist vergangen, wenn es von der Gegenseite übernommen wird.
Erstaunlich: Im europäischen Aufklärungszeitalter des 18. Jahrhunderts huldigte man der großen chinesischen Kulturtradition. Beste Zeugnisse dafür sind noch heute das Chinesische Haus im Park Sanssoucci und der Chinesische Turm im Englischen Garten zu München. Chinoiserien in Wandbespannungen, Porzellanen oder Möbeln erlaubten, das als faszinierende Fremdheit zu verehren, was in Europa von allen Aufklärern ausdrücklich als Rokoko-Belanglosigkeit abgetan wurde. Das stigmatisierte Eigene wurde wirksam als vom Fernhandel präsentierte exotische Fremdheit.
Das ist ein Verweis auf die Psychodynamik der Kulturen, die Carl Schmitt schließlich mit der Feststellung kennzeichnete, dass der Feind unsere eigene Fragwürdigkeit als Gestalt sei.
Mit dem antikolonialistischen Aufstand der chinesischen Boxer Anfang des 20. Jahrhunderts wandelte sich die China-Begeisterung in Angst und Schrecken vor der gelben Gefahr. Heute müssen die Westler anerkennen, dass ihre so selbstverständlichen Überlegenheitsphantasien bedroht sind, weil die Chinesen sich inzwischen selber für überlegen halten. „Ach, wer da mitmachen dürfte!“, seufzten die deutschen Großindustriellen aller Branchen. Zugleich wissen sie aus der Geschichte des eigenen Imperialismus, dass sie von den Überlegenen bestenfalls als nützliche Hilfstruppen zugelassen werden – das erzeugt das Schauder-machende Vibrato in den Statements unserer nur noch zweitrangigen Industriegrößen. Aber wir haben vorgesorgt mit dem Denkmodell der unauflöslichen Bindung des Aufstiegs an seinen Niedergang: „Kinder, die Chinesen ersticken an ihren Abgasen und die Wüste steht vor Peking!“