Online Zur aktuellen Identitätspolitik

Erschienen
17.03.2021

Erscheinungsort
Berlin, Deutschland

People of colour sprechen nicht mehr Englisch

Die Behauptung von Identität ist sehr heikel, denn man kann eine Jemeinigkeit nur behaupten, wenn man sie auch dem Anderen zugesteht, also wenn man genau das anerkennt, wovon man sich unterscheiden will. Gegenwärtig das wichtigste Beispiel dafür: people of colour fordern auf Englisch, dass ihre Probleme nur von ihresgleichen reflektiert werden dürfen: nur Schwarze dürfen Schwarze spielen, nur Schwarze dürfen Texte von Schwarzen übersetzen! Aber sie alle sprechen englisch, obwohl das ja die Sprache weißer Europäer ist. Also müssten gerade die selbstbewussten people of colour sofort aufhören, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch oder Deutsch zu sprechen, wodurch sie gleichzeitig die Fähigkeit verlören, so etwas wie civil rights einzufordern, weil 99 Prozent aller von ihnen benutzten Begriffe wie eben civil rights oder Minderheit oder Polizei oder Rechtstaatlichkeit in europäischen Sprachen von Europäern geprägt wurden. People of colour müssten sofort, wenn man ihre Identitätsforderung ernst nimmt, darauf verzichten, zum Arzt, medical doctor, zu gehen, denn die universale heutige Medizin wird zu 100 Prozent von der alteuropäischen Sprache, dem Lateinischen, geprägt. Als Identitätspathetiker müssten sie auf den Einsatz der von den Ärzten benutzen technischen Geräte vom Röntgengerät bis zum PET vollständig verzichten. Ja, noch schlimmer, aus der fundamentalistisch rigiden Identitätspolitik der people of colour ergibt sich der Vorwurf gegen sie selbst, sie kolonialisierten die Sprache, die Begriffe, die Wissenschaften der Europäer. Identitätspolitik dieser Art, der Identitätsfanatismus ist aus seiner eigener Logik heraus nichts anderes als radikaler Kolonialismus. Oder er ist Machtgebaren, um damit das Machtgebaren anderer zu diskreditieren. Fazit: Identitätspolitik als rigide Form des Ausschlusses von anderen ist genau jene menschenverachtende Egomanie, die man anderen als inhuman vorwirft.
In der europäischen Tradition bedeutet Identität hingegen, zum Beispiel für den Bürger einer Stadt, dass er die Stadt als gesamten Lebensraum von Menschen repräsentiert und eben nicht nur für sich, seine Familie, seinen Clan oder seine behauptete Minderheit Rechte einfordert. Das ist die Grundlage von Identitätsbehauptung, und nicht die Ausgrenzung oder Abkapselung gegenüber allen anderen. Alle Identität wird gebildet durch die Fähigkeit, über sich hinauszugehen. Identität kann also nur behaupten, wer die Identitätsbehauptung anderer anerkennt, also genau das, wovon er sich selbst ausdrücklich unterscheiden will.