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Askese des Luxus
"Askese des Luxus", das mag für manche so paradox klingen wie goldene Essstäbchen. Doch weit gefehlt: Nachhaltigkeit, die historisch nachweislich erfolgreichste Form ökologischer, ökonomischer, hygienischer und ästhetischer Sorge und Fürsorge, ist durch Luxurieren als Ausdruck der Askese zu erreichen.
In der Idee, Milliarden asiatischer Essstäbchenbenutzern goldene Essstäbchen zu überreichen, erklärt sich dieses Prinzip; mit guten Gründen können wir vermuten, dass goldene Essstäbchen auch nicht umstandslos in den Müll verfrachtet werden, wie das mit hölzernen oder mit Besteck aus Plastik geschieht. Die erhabenen Wipfel südamerikanischer Urwälder müssten nicht dem Holzraub zum Opfer fallen, der zur Fertigung hölzerner Essstäbchen betrieben wird. Also erweist sich hier Luxurieren als tatsächlich erfolgreiches Prinzip ökologischer Sorge.
Luxurieren erweist sich auch als das ökonomisch sinnvollste Konzept: Es lässt sich leicht errechnen, dass es deutlich günstiger ist, ein Paar hochwertiger goldener Essstäbchen pro wässrigem Mund anzuschaffen als lebenslang jeden Tag drei Paar hölzerne Essstäbchen zu kaufen. Goldene Askese, wussten die Aristokraten des Stammbaums und des Stils immer schon, heißt: Das Kostbare ist das Billigste, wenn es Generationen überdauert und dadurch seinen Wert noch steigert.
Im Ästhetischen bewährt sich Askese durch Luxurieren am Beispiel der goldenen Essstäbchen nach dem Generalmotto der Moderne: "less is more". Die Stäbchen verkörpern geradezu die Gestalt des Weniger, auch wenn man als Kritiker der konzeptionellen reduktionistischen Moderne behauptet, "less is less and more is more".
Und schließlich nimmt Gold keinen Schmutz an. Die goldenen Essstäbchen sind das Emblem der Lebensreformmoderne „GeSoLei“ – Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen. Mit der sozialen Fürsorge schließt sich die Gemeinschaft der Liebenden aus sozialer Passion zur Tafelrunde zusammen, an der wir uns üben, das Unterlassen als nachhaltigste Form des Handelns zu verstehen. Askese heißt eben Ethik des Unterlassens als anspruchsvollste Form des Tuns.
Nachhaltig sind allerdings nicht nur goldene Essstäbchen. Auch wer sich eine Glaskaraffe kauft anstatt stets aus Plastikflaschen zu trinken oder statt Schuhen aus Plastikleder solche aus richtigem Leder wählt, die er besser pflegt und die länger halten, lebt die Askese des Luxus.