Radiobeitrag Kultur heute
Anhören des Beitrags unter: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/sendezeichen/1739115/
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10.August 1999: Bazon Brock in "Kultur heute" am Vorabend der letzten totalen Sonnenfinsternis des 20.Jahrhunderts.
Brock: Absolute Ohnmacht vor Naturereignissen, die wir mit keiner Macht beeinflussen können. Das ist sozusagen die Konfrontation mit der Wirklichkeit schlechthin. Wirklich ist nur das, worauf wir keinen Einfluss haben, also unsere eigene Ohnmacht erfahren. Das ist sozusagen eine uralte menschliche und auch in der frühen Kindheit gezeigte Angst, wenn das Kind allein gelassen wird, das Licht geht aus und es soll jetzt plötzlich im Schlafzimmer im Dunkeln alleine bleiben. Das muss es regelrecht lernen, das Vertrauen zu haben, morgen früh geht das Licht wieder an.
Diese menschheitsgeschichtliche verankerte und in jedem Individuum wieder aufkommende Urangst vor dem Ausbleiben der Lebensquelle, Fantasien darüber, dass Sterne, die viel weiter und weg sind, schon seit Hunderten von Jahren tot sind, ihr Licht uns aber jetzt erst erreicht und wir eigentlich in einer fiktiven Welt leben, alle diese Fantasien gehören dazu.
Und natürlich das inszenatorische Mittel: Die Sonnenverfinsterung wird ja hier auf Erden inszeniert. Durch die Medien, durch das Gespräch der Menschen, durch die Aktualisierung dieser Ängste. Also, sie findet tatsächlich in unseren Köpfen statt. Und das, was wir am Himmel dann sehen, ist ja ein ganz kurzer ephemerer Augenblick und eigentlich können wir als Laien gar nichts daran sehen und gucken auch vernünftigerweise gar nicht hin. Es ist eigentlich eine Inszenierung, Inszenierung der Verfinsterung.