Ausstellungskatalog Werner Ruhnau: der Raum, das Spiel und die Künste.

Werner Ruhnau: der Raum, das Spiel und die Künste.
Werner Ruhnau: der Raum, das Spiel und die Künste.

anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen, vom 15. April bis 24. Juni 2007

Erschienen
2006

Herausgeber
Dorothee Lehmann-Kopp

Verlag
Jovis, Berlin

Erscheinungsort
Gelsenkirchen, Deutschland

Spiele und Regle

Nachdrücklicher Hinweis auf ein Lebensthema von Werner Ruhnau

Es gibt eine herrliche Anekdote zu Yves Kleins Versuch, sein metaphysisches Blau dem Himmel zuzuschreiben. Man erzählt, Yves sei am Abend nach dem TV-Bericht über die Rückkehr des Astronauten Jurij Gagarin von seinem Freunde Ruhnau angerufen worden, der ihm mit leicht ironischem respektive als hämisch missverständlichem Ton die Frage stellte, ob er soeben auch gehört habe, dass Gagarin das Weltall als pechschwarz, die Erde hingegen als den blauen Planeten bezeichnet habe. Yves Klein habe dem Anrufer eine wüste Szene gemacht, mit der Androhung, ihn für diese Sabotage seiner blauen Metaphysik bei nächster Gelegenheit im schwarzen Wasser eines Tagebausees versenken zu wollen.

Man kann die Empörung Yves Kleins über die vermeintlich platt-materialistische und gegenpoetische, kalte Korrektur der alltagssinnlichen wie christlich - ikonographischen Himmelsfarbe Blau gut nachempfinden, wenn man beispielsweise der Zumutung ausgesetzt wäre, das Chartres- Blau, also das Blau des Paradieses und des Vorscheins vom himmlischen Jerusalem wie auch das Blau der Schutzmantelmadonna als Konsequenz des Blauseins, also des Verlustes von Kontrolle über die Sinne verleumden zu müssen – wenigstens im ersten Augenblick der Empörung; dann aber macht man sich klar, um wie viel bedeutsamer Yves Einbläuungen erscheinen müssen, wenn sie nicht den Himmeln, sondern diesem einen, unserem Planeten Erde eine kosmisch einmalige Gestalt attestieren.

An das vermeintliche Ruhnau-Sakrileg wurden wir erinnert, als 2004 Volker Rattemeyer im Rahmen seiner Wiesbadener Ausstellung über die Kooperation von Klein und Ruhnau die Mitteilung des zuständigen französischen Patentamtes veröffentlichte, es sei niemals ein Patent auf das Yves-Klein-Blau erteilt worden. Anders als Yves verstanden Rattemeyer und Ruhnau den Hinweis auf die banale Herkunft des besagten Blaupigments aus einer Essener Malermeisterwerkstatt nicht als Abqualifizierung eines metaphysischen blauen Reiters, den schon Kandinsky und Marc 1912 als Himmelsreiter ausmalten. Vielmehr werteten sie Gagarins Feststellung, der zur Folge das Blau des Himmels und das Schwarz der fetten Erde nunmehr als schwarzer Himmel und blaue Erde besungen werden müssten, als einen göttlichen Fingerzeig, der uns alle zu animieren, zu beseelen versprach.

Werner Ruhnau hatte man stets als einen solchen beseelten Festmeister des irdischen Lebens vor Augen gehabt – ganz im Sinne der Mitteilungen zu seiner Spielkonzeption, dass „alles höher organisierte Leben um drei Vitalbereiche zentriert sei, nämlich den der Sexualität, den der Kratien und den des Konsumatorischen“. Das heißt auf gut Deutsch: Es geht um das große Fressen, die große Kopulation und das große Imponieren. Die sinnlichen Erschließungen dieser menschlichen Anforderungen, nämlich seinen Lebensraum gewinnen und verteidigen zu müssen, Nahrungsquellen zu erschließen und sich fortzupflanzen, was bekanntlich nur vergesellschafteten, also sozialen Ordnungen verpflichteten Individuen gelingt, nannte Ruhnau Gestaltungen. Das ist eine nicht geläufige Begriffsbestimmung; sie hat sich aber als höchst stimulierend erwiesen – nicht nur für Werner Ruhnau, sondern für alle, die von seinen Ideen inspiriert wurden wie der Lehm vom Odem des Weltarchitekten.

Ja, der Ausdruck von sinnlicher Bewegtheit als Gestaltung umfasst eine anthropologische Begründung von Architektur, wie sie Ruhnau zu realisieren versuchte. Das griechische Archè bezieht sich auf das Letztbegründende, das Unvordenkliche und Immergeltende. Es ist eine Kennzeichnung der Modernen aller Sparten, dass sie als dieses Letztbegründende die Natur ansehen. Für die Ausprägung von Archè im Leben des Anthropos, des Menschen gilt, dass Menschen von Natur aus kulturpflichtig sind. Angesichts der Annahme aller Modernen, dass aber auch die Natur sich erst evolutionär entfaltet, also durch Entwicklung im Spiel der Elemente im Rahmen von Naturgesetzen, geht es bei der kulturellen Entfaltung um das Spiel der Kräfte von Individuen nach Regeln, die zwar weitgehend von den Beteiligten verabredet werden können, aber niemals ins Belieben der Teilnehmer gestellt sind. Werden die Regeln nicht eingehalten, gehen die entsprechenden kulturellen Spielgemeinschaften zu Grunde, worin sich wiederum die Geltung der Naturgesetze manifestiert.

Ruhnau verkürzte diese hier selbstredend nur angedeuteten Ansätze der anthropologisch argumentierenden Architekten, Künstler, Musiker etc. auf die Formel Spiel im Raum, wobei Raum der Geltungsraum von Regeln ist. Dafür stehen exemplarisch die Architekturen der Theater, der Spielstätten, der Spielräume. Ruhnau sah lebenslang die gewichtigsten Aspekte seiner Arbeit darin, besagte Architekturen für die verschiedensten Spiele vielgestaltig, d. h. multifunktional werden zu lassen. Die variablen Räume ermöglichen vielfältige Grenzziehungen für das Aktionsfeld Spiel und ermöglichen damit die spielerische Entfaltung der kulturellen Kräfte nach je anderen Regeln. Für Ruhnau waren also die Architekturen der Spielstätten Möglichkeitsformen ihrer Nutzung für das Spiel der kulturellen Kräfte. Ruhnau begann mit diesen Architekturen als Möglichkeitsformen Mitte der 50er Jahre (Beispiel: Bühnen als Hubpodien/Podienklaviere) – wahrscheinlich ohne Bezug auf die gleichzeitige Neuveröffentlichung von Musils „Mann ohne Eigenschaften“ durch Adolf Frisé (im Werk ist das Verhältnis von Potentialität und Aktualität, von Möglichkeitssinn und Wirklichkeitssinn zentral). Ruhnau führte später die Genealogie seiner Auffassungen mit Vorliebe auf Tessenows Hellerauer Festspielhaus von 1911 zurück. Seit seinen Konzepten für das Gelsenkirchener Theater (1957), über die Entwicklung der Spielstraßen zur Olympiade in München (1972), bis zur Konzeption des Folkwang Festes in der Zeche Carl (1985) entwickelte Ruhnau Dramaturgien der Provokation von Spielenden durch die Regeln und den Raum des Spiels. Da für ihn Gestaltung der Inbegriff sinnlicher Ergriffenheit von den Bedingungen der jeweiligen Lebensäußerungen ist, heißt Gestaltung als Spielen die Fähigkeit auszuweisen, in immer anderer Weise auf die Grenzen des Spielraums und der Spielregeln zu reagieren: eine Form der Entfaltung von Freiheit als autonomer Entscheidung über die Art und Weise wie man auf gesetzte Bedingungen zu reagieren vermag. Andersherum gesagt versteht Ruhnau die Architekturen, die Spielräume und Spielformen als Simulationen. Simuliert, also dargestellt, wird das Gegebene im Bewusstsein seiner jederzeitigen Veränderbarkeit oder Andersartigkeit. Nicht zu simulieren ist die Freiheit von Regeln und ein Handlungsraum ohne Grenzen. Den Spielern wird also die Erkenntnis als Spielgewinn geboten, dass Freiheit, ja Autonomie nur darin bestehen kann, sich die Regeln selbst vorzugeben und die Begrenzungen zu setzen, nicht aber darin bestehen kann, Macht der Entgrenzung und regellosen Beliebigkeit zu gewinnen. In dieser Hinsicht verträgt sich das Ruhnau’sche Konzept im weitesten Sinne mit der Pädagogik der Aufklärer. Die bei solchen Hinweisen nahe liegenden Vorstellungen von Schulmeisterei entkräftet Ruhnau wie die Nachfolger Rousseaus mit der ständigen Betonung, dass Simulationen durchaus auf Täuschung und Enttäuschung, Verführung zum Falschen und Ernüchterung durchs Wirkliche beruhen sowie durch das Hantieren mit bloßen Attrappen, bewussten Fälschungen, Bauernfängerei und Taschenspielertricks ihre Wirkung tun – also keiner Federfuchserei in der Durchsetzung von ein für alle Mal geltender Normativität huldigen.

Wer als Architekt derartig arbeitet, riskiert häufig, einerseits als bloßer Spielstättendekorateur und andererseits als Animateur, als Kindergärtner geschmäht zu werden. Dagegen hat sich Ruhnau mit Hinweisen auf die hohe kulturelle Funktionstüchtigkeit seiner Arbeiten zu verteidigen versucht, inbegriffen deren Vorläufigkeit und Widerrufbarkeit, bis hin zur völligen Aufhebung. Ruhnau hielt Abnutzung und Vernutzung gerade für Zeichen der Akzeptanz; in dieser Hinsicht stimmt er mit den postmodernen Selbstaussagen vieler Architekten überein, denen zur Folge gerade Vergänglichkeit als Abriss, Umbau und Umwidmung die Arché zur Geltung kommen lässt. Ruhnau war vom ZEN - Buddhismus wie jeder Moderne fasziniert – insbesondere aber seit der Programmatik von ZEN ‘49 im Ruhrgebiet und seit der Bekanntschaft mit ZEN –Praktizierenden wie Yves Klein. So lernte Ruhnau, dass es z. B. in Japan keinen Kult der authentischen Antiquitäten als Architekturen gibt. Die Tempelbauten werden seit Jahrhunderten von Zeit zu Zeit alle abgerissen und mit neuem Material wieder errichtet – eben nach den Formen und Gesetzen, die seit Vorzeiten gelten, also Arché-tektur im Wortsinne bekennen. Gerade der unaufhaltsame, also zwangsläufige Wandel ermöglicht es, die Arché herauszubilden.

Wie viele Aktivisten der westlichen Moderne hatte auch Ruhnau gerade durch seinen anthropologischen Ansatz kulturelle Produktionen im Allgemeinen höher zu schätzen gelernt als etwa die Produktionen der Wissenschaften und Künste im Besonderen. Die Leidenschaften für das Archaische, Primitive, für die Art Brut, für das Volkstümliche und Kindliche, wie für Religiös-kultische entfalteten sich im Spielkonzept stärker als das Pathos der Kunst oder die mächtige Askese der Wissenschaften. So wie Ruhnaus Freund Kückelhaus mit seinen Provokationen zur Klangerzeugung im höchsten Falle Simulationen des Musizierens bot, die grade nicht auf Musik als Kunsterzeugnis orientiert waren – und so wie die diversen Sozialtherapeuten das Theaterspielen als Simulation von Lebenskonflikten und nicht als Übung für Dramatiker anbieten, sah und sieht auch Ruhnau sein Ziel nicht in der Zeitenthebung eines Werkes sondern in dem Wirksamwerden von Zeitlichkeit, vornehmlich in der Eigenzeit des Spielens, also in Spielzeit; desgleichen zielt Ruhnau ausdrücklich immer wieder auf die Variabilität der Spielräume in Abhängigkeit von den jeweils gewählten Regeln, um aller Dogmatik der hochkulturellen Wertschätzungshierarchien entgegen zu wirken. Das Wirksamwerden manifestiert sich immer auch als Selbstaufhebung, als ein Verbrauchen durch intensiven Gebrauch, wofür seit alters das Lebenslicht Sinnbild ist. Auf die sinnbildliche Formulierungen hat Ruhnau stets großen Wert gelegt (am intensivsten ausgewiesen für das Folkwang Fest in der Zeche Carl, für das Sinnbilder und Sinnsprüche ausdrücklich als Gestaltungsresultate im Programmheft genannt werden). Grade die Betonung von Verfallsdaten und Sollbruchstellen stärkt dabei den Sinn für die Arché sowohl der natürlichen wie kulturellen Formen und der Prozessen ihrer Wandlung durch Verwandlung. Man muss alt werden, um solche Konstanz im unaufhörlichen Wechsel zu erkennen und auch für sich zu akzeptieren. Das ist leichter gesagt als getan, oder leichter postuliert als realisiert. Da zum Gesetz der Wandlung nach der Arché allen Lebens, also nach denen der Genetik, in hohem Maße auch völlig unvorhersehbare Mutationen entstehen, die sich doch erst im Laufe der Zeit als bedeutsam oder ephemer herausstellen und diese Zeit hat man als Mensch naturgemäß eben nicht, selbst wenn man biblisches Alter erreicht. Aus dieser Einsicht ergibt sich eine wesentliche Funktion von Spielen als Simulationen der Autonomie und der Freiheit. Jeder kennt die Selbstvergessenheit im Spiel, also das Phänomen der totalen Vereinheitlichung aller Zeiterfahrung in der Gegenwart, im jetzigen Augenblick, in der Spielzeit. Die Spielenden verlieren die angst vor der Unbestimmtheit der Zukunft und der Unwiederbringbarkeit der Vergangenheit in der Erfahrung von Zeitlosigkeit. Im Unterschied zu den Museen oder Archiven, die ja gerade Zeitschöpfungen bieten in der immer wieder erneuten Herausarbeitung neuer Zeiten als Epochen oder Gleichzeitigkeiten des Ungleichzeitigen, also durch Vervielfachung der Zeit zu Zeiten, hat die Selbstvergessenheit des Spielens den Gewinn von Zeitfreiheit von Auszeit, was keineswegs mit dem religiös verwalteten Zeitformen der Ewigkeiten gleichzusetzen ist. Ruhnaus Konzepte galten auch einer Reformulierung des eigentlichen großartigen Gehalts von Freizeit und Auszeit. Selbstredend war ihre Wirksamkeit als Angebot zur Reaktion auf seine Vorgaben gering, aber in dem Konzept Spielzeit, Freizeit Auszeit steckt immer noch ein großes Potential des Zeitwandels.

Wie erklärt man sich halbwegs sinnfällig, dass die Modelle der Partizipation, also des Mitspielens auf allen Ebenen und in allen Kontexten, die vor Jahrzehnten sogar polit-programmatisch Bedeutung erlangten, heute wenig Interesse finden? Den auf Unterhaltungsattraktivitäten dressierten Zeitgenossen, die von den Oberkellnermedien prompte Bedienung an jedem Ort und Örtchen, zu jeder Zeit der Tage und Nächte glauben erwarten zu können, entheben sich aller Vorwürfe, verantwortungsunwillig und verantwortungsunfähig zu sein, indem sie mit wegwerfender Geste konstatieren, die Anstrengungen zur Mitbestimmung in der Montanunion und bei den Happenings der 50-er Jahre, bei den Willi- Brand’schen Aufrufen zur Compassion als Mitfühlen und Mitarbeiten der 60-er Jahre bis zu den Aktivisten der Entwicklungshilfe der 70-er Jahre hätten außer Anmaßungsgesten der 68-er nichts Bleibendes erbracht. Gelenkt wird dieser Chor der Stumpfsinnigen von den Dirigenten der Politischen Korrektheit, die gegen alle historische Wahrheit etwa die 50-er Jahre als Zeit der muffigen Adenauer’schen Restauration, die der 60-er Jahre als studentischen Puff zur Stillung des Hungers nach Luxus und Wohlleben im Namen aller Hungernden und die 70-er Jahre als Deutschen Herbst leider traurigen Scheiterns menschlich großartiger Visionen darstellen. Diese Urteile sind nichts als Medienfaschismus, der umso schlimmer wirkt, als er demokratisch legitimiert zu sein scheint. Der demokratisch legitimierte Totalitarismus und Fundamentalismus heutiger Medien funktionieren nach der wahnsinnigen Methode: Wenn Demokratien Angriffskriege führen, ethnische Säuberungen als Pazifizierungsmaßnahmen ausgeben, Euthanasie und Eugenik erlauben, Schutzhaft gegen Gegner verhängen etc., dann seien diese Vorgehensweisen deswegen nicht faschistisch, totalitär und fundamentalistisch, weil diese Maßnahmen eben von Demokratien und nicht von Diktaturen genutzt werden.

Mit dem Blick auf die Würdigung von Ruhnaus Arbeit kann man z. B. nicht genug auf die historische Wahrheit verweisen, dass die 50-er Jahre (entgegen der Diffarmierung als muffige Adenauer Restauration) mit den unglaublich radikalen Campagnen gegen die Wiederbewaffnung, gegen die Atomrüstung, gegen das KPD – Verbot wie auch mit den bis dato nie gesehenen radikalen Veränderungen der Sozialgesetzgebung wie 1957 eben ein Zeitalter ungeheurer Kämpfe und fortschreitender politisch-sozialer Bürgerbeteiligung gewesen sind, vor dem das Studentengehopse von ‘68 als Spielplatzversion für verzogene Gören bewertet werden muss. Das soll heißen, wir müssen Ruhnaus Konzeptionen grade als Ausdruck geschichtlicher Entwicklungen in den westeuropäischen Gesellschaften des 20sten Jahrhunderts zu würdigen lernen. Man müsste begreifen, dass die Spielkonzepte nicht durch den Hinweis erledigbar seien, schon die Wandervögel und Sportvereine, die Heimatbünde und Glaubensgemeinschaften der Barfußpropheten hätten sich derartiger Vorstellungen bedient, ganz abgesehen von HJ und FDJ, von schlagenden Studentenverbindungen und den Ringvereinen. Diese Belegung des Mitspiel- und Mitmachkonzepts ist schon mehrfach als ideologische Indienstnahme analysiert worden. Der Gedanke der Selbstorganisation wie ihn Ruhnau etwa aus den Erkenntnissen der Kollegen um den Göttinger Naturphilosophen Manfred Eigen übernimmt, hat grade nichts mit Mitspielen als Einpassung und Mitmachen als Verabschiedung des Autonomieanspruchs zu tun. Im innersten Kern sind nämlich Ruhnaus Konzeptionen allesamt auf die Möglichkeit gerichtet, durch architektonisches Gestalten Prozesse der Selbstorganisation von Individuen im Sozialverband zu befördern. Der Hinweis auf die Regelhaftigkeit wird heute eher als Frage nach den zureichenden Rahmenbedingungen für derartige Prozesse in Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaften und Kulturgemeinschaften gestellt. In besonderer Weise scheint Ruhnaus Ansatz dadurch ausgezeichnet zu sein, dass ihm die Logik des unzureichenden Grundes stets wirklichkeitsnäher gewesen ist als die des zureichenden. Auch im Hinweis auf dieses Prinzip unserer Logiken erscheint Ruhnau wie ein Beispielgeber für die von Musil prognostizierte Entfaltungslogiken unserer Moderne. Gibt es ein nachhaltigeres Bekenntnis Wort der Bewunderung?