Wer diese permanente Krise nicht zu akzeptieren vermag, weil er ein Gefangener der Traditionen und Systemlogiken ist oder in seinem bodenlosen Individualismus an der Wirklichkeit der sozialen wie den Kräften der Natur oder des Marktes irre wird, redet sich auf den Mythos Hamlet hinaus. Er reklamiert für sich, dass ihm gerade das durchgreifende Nachdenken angekränkelt, nämlich in Entscheidungsnot gebracht habe, sodass er das Opfer der schicksalhaften Mächte des systemischen Selbstlaufs geworden sei. Das aber ist ein wohlbekanntes Muster der nachträglichen Rationalisierung, nämlich Gründe für das Scheitern zu finden, die von Verantwortung für das eigene Tun und Lassen freisprechen: am Besten mit der grundsätzlichen Infragestellung des Lebens schlechthin aus philosophischem Tiefgang.
Quelle
Krise heißt Entscheidungsnot und damit Kritik an der Entscheidungsschwäche. Krise begründet Kritik, wenn Ja und Nein gleichgültig werden und alles Unterscheiden folgenlos bleibt! – Abschnitt in:
Moderne und Historizität
Buch · Erschienen: 01.01.2011 · Herausgeber: Stefan Wilke
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Mathias Bergmann
12.06.2019
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