Theoretische Objekte

z.B. als Souvenir, Amulette, Talisman, Lehrmittel, Modelle oder Weltbilder; Zwischenraumgespenster der Vermittlung von Produkt und Nutzung, Sprecher und Hörer, Göttern und Menschen, die selbst zum Objekt werden; populärstes Beispiel: Beuys' Schultafeln.

(Lock-Buch, S. 174)

Das Reißverschlusskleid. Lehrmittel aus der Brock’schen Unterrichtspraxis, seit Anfang 1967 in Gebrauch; ausgeführt von Gesa IRWAHN., Bild: © Abisag Tüllmann.
Das Reißverschlusskleid. Lehrmittel aus der Brock’schen Unterrichtspraxis, seit Anfang 1967 in Gebrauch; ausgeführt von Gesa IRWAHN., Bild: © Abisag Tüllmann.
Literaturblech „Der Tod muß abgeschafft werden…“, Bild: Theoretisches Objekt 1967.
Literaturblech „Der Tod muß abgeschafft werden…“, Bild: Theoretisches Objekt 1967.

Der Reißverschluss

Innerhalb der Problemvorgabe kann jeder Student ohne weiteres nachvollziehen, daß hier Position den Zustand der Nacktheit bezeichnet, daß Bekleidetsein die entsprechende Negation der Nacktheit ist. Schwierig wird der Nachvollzug der Aussage, daß Position und Negation, Nacktheit und Bekleidetsein nicht nur abstrakt miteinander vermittelt werden und werden müssen. [...] Konkret wird die Vermittlung im Prinzip Reißverschluß, der durch seinen instrumentellen Gebrauch ausschließlich als Vermittlung von Offenheit und Geschlossenheit bestimmt ist. Dieses Vermittlungsprinzip auf ein Kleidungsstück als ganzes angewandt, erzwingt z.B. das Herstellen eines Kleides aus lauter Reißverschlüssen und nichts als Reißverschlüssen. Damit wird das Kleid als Bekleidung ausschließlich aus der Vermittlung von Position und Negation, von Nacktheit und Bekleidetsein bestimmt.

(Ästhetik als Vermittlung, S. 499 f.)

Literaturbleche

Die Literaturbleche werden so als Objekte ins vertraute Alltagsbild eingeschleust.
Ihre Mitteilungen werden verstärkt wahrgenommen, weil sie von den erwarteten abweichen. Zugleich wird der Wahrnehmende veranlaßt, über die ursprünglichen Kontexte der Mitteilungen wenigstens einige Überlegungen anzustellen.

(Ästhetik als Vermittlung, S. 1018)

Warenwunder, Bild: Berlin 1996.
Warenwunder, Bild: Berlin 1996.

Warenwunder

Eine andere Ikone der Moderne, nämlich der existentiell erschütterten Menschen, hatte Edvard Munch mit einer Frau dargestellt, die auf einer Brücke steht und ihr ganzes kosmisches Verlorenheitsgefühl in die Welt hinausschreit. Diese gemalte Gestalt wurde in eine aufblasbare Gummipuppe übersetzt und im Museumsshop zur Nutzung angeboten.

(Wa(h)re Kunst - Der Museumsshop als Wunderkammer, S. 19)

Thementotems

an Pfählen, Latten oder Pinnwänden aufgereihte theoretische Objekte der Erinnerungskunst. Sie verweisen auf das, was wir vergessen müssen, um uns erinnern zu können, und was wir erinnern müssen, um es vergessen zu können. Sie wirken durch Paradoxalität, wie schon Kant wußte. Kant erinnerte sich täglich anhand eines Memos, daß er unbedingt seinen Diener, den er hinausgeworfen hatte und alsbald vermißte, vergessen müsse.

(Lock-Buch, S. 175)

Thementotem „Das Deutschsein des deutschen Designs“, Bild: Aspen 1996 © Th. Meyer, Düsseldorf.
Thementotem „Das Deutschsein des deutschen Designs“, Bild: Aspen 1996 © Th. Meyer, Düsseldorf.
Phrygische Mütze - Schopenhauers Pudel - Lamellen
Phrygische Mütze - Schopenhauers Pudel - Lamellen

Phrygische Mütze - Schopenhauers Pudel - Lacans Lamellen-Theorem

Bazon Brock demonstriert, wie man Schopenhauers Pudel die Versöhnung von Leninismus-Maoismus mit der Midas-Erfahrung erklärt.

Rechter Bildrand: Verweis auf Lacans "Lamellentheorem", eine Umformung der Mammellen der ausgezehrten Mutter; da schwache Brüste der Weisheit flach wie ein Omelett auf dem Oberkörper liegen, verwandelt der begehrende Zugriff des Subjekts die Schnabeltiere als eierlegende Säugetiere, die sensorisch hoch empfindlich im Bodensatz der Schöpfung gründeln.

Die 12 Grundformen des verlassenen Bettes

Anfang der 70er Jahre bot ich Studierenden der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg ein Trainingsprogramm der kriminalistischen Imagination, das wenig später im Internationalen Design Zentrum Berlin und im Sender Freies Berlin unter dem Titel „Ästhetik in der Alltagswelt“ veröffentlicht wurde (als Ausstellung und als Fernsehfilm).

Eine der Übungen bestand darin, von zerwühlten Betten, verschobenen Teppichen, verstreuten Kleidungsstücken auf die Handlungen zurück zu schließen, durch deren Verlauf die jeweils bestimmte Gestalt der Objektgruppen entstanden waren. Der Hamburger Konzept-Künstler Simon Waßermann, damals Studierender an der HbK, Lerchenfeld entwickelte ein Objektensemble, indem er es systematisch zum Musterbeispiel für die Entfaltung von Imagination variierte:

Alles, was man als konkrete Gegebenheit in einer Konstellation antrifft, sollte um alle anderen denkbaren Positionen innerhalb der Konstellation erweitert werden. Aus der konkreten Vorgabe eines verlassenen Bettes entwickelte er zwölf grundsätzliche Möglichkeiten, ein Bett nach dem Aufstehen zu hinterlassen.

(Kleider bilden Haufen: Zur Typologie des Abgelegten, Aussortierten, Weggeworfenen. In: Vêturagen, 2010)

Die 12 Grundformen des verlassenen Bettes, Bild: Bazon Brock/Simon Waßermann, 12.–30.05.2012, Denkerei Berlin. © Stefan Wilke.
Die 12 Grundformen des verlassenen Bettes, Bild: Bazon Brock/Simon Waßermann, 12.–30.05.2012, Denkerei Berlin. © Stefan Wilke.

Aktionen

Lustmarsch durchs Theoriegelände 2006

 Dieser Arbeitsbiographie entsprechend wird an jedem Präsentationsort der jeweiligen Stadt ein Thema in besonderer Weise zugeordnet und durch ein spezifisches Gefäß repräsentiert (Brock als Behälterwissenschaftler).

Karlsruhe: Vase + Schwamm – Die Normative Kraft des Kontrafaktischen |
Karfreitagsphilosophie | Der Faschist als Demokrat

Frankfurt: Container (Kathedrale für den Müll) – Fininvest | Gott und Müll

Köln:  Vitrine – Musealisierung als Zivilisationsstrategie |
Avantgarde – Arrièregarde – Retrograde

Hannover: Wohnzimmer – Selbstfesselungskünstler gegen
Selbstverwirklichungsbohème |
Professionalisierung der Betrachter, Patienten, Wähler, Konsumenten

Wuppertal: Instant Housing – Leben als Baustelle | Schönheit des Häßlichen |
Scheitern als Form der Vollendung | Hominisierung vor Humanisierung

Graz:  Rettungsbombe – Rettungskomplett | Gorgonisiert Euch! |
Revolution des Ja

München: Sarkophag – Uchronie | Extratemporale Zonen | Ewigkeitsmanagement

Berlin:  Sandkasten – Eine schwere Entdeutschung |
Widerruf des 20. Jahrhunderts

Leipzig:  Laufstall – Pathosinstitut AZ – Opferolympiaden

Zürich:  Bunker – Verbotener Ernstfall – Gottsucherbanden | 
Kultur und Strategie

Hamburg: Verpackung (Marktstand) – Kunst als Evidenzkritik | Erkenntnisstiftung
durch kognitive Objekte/Fakes

Brock führt täglich das Publikum mit einem 60minütigen Gewaltmarsch und einem 240minütigen Lustmarsch durch alle Themenfelder. Für die Teilnehmer der Lustmärsche (4 Stunden) ist jeweils ein Essen vorgesehen, das die Tagesschwerpunkte assoziiert. An jedem Präsentationsort werden hoffentlich je ein Freund und ein Feind der Brockschen Arbeit mit ihm einen Diskurs führen – Veranstalter der Diskurse ist der seit 1988 eingetragene Verein „Helfen sie mit, Bazon Brock zu lieben“ e.V. Bonn. Zu jeder Themeneinheit gibt es das Angebot eines multiplen theoretischen Objekts/kognitiven Objekts für den Museumsshop:

Demonstrierte Selbstbezüglichkeit – das Bürsten der Bürsten.
Rohr und Rebe
Goldflecken im Bett / Liebe eines Literaten
Beten im Museum verboten!
Gorgonisiert Euch!
Buddhistenstiefel
Goldene Eßstäbchen
Nietzsches Gäule
Schmückende Uchronie
Sfumato-Horizont
Urmeter aus Gummi

Beten verboten, Bild: (nach Dürer).
Beten verboten, Bild: (nach Dürer).
Kyrill und Method, Bild: Theoretisches Objekt, Ausstellung "Lustmarsch durchs Theoriegelände", 2006.
Kyrill und Method, Bild: Theoretisches Objekt, Ausstellung "Lustmarsch durchs Theoriegelände", 2006.
Lustmarsch durchs Theoriegelände 2006
Lustmarsch durchs Theoriegelände 2006
Leichtfertiger Versuch der Auferstehung. Aktion: Lustmarsch durchs Theoriegelände, 2006
Leichtfertiger Versuch der Auferstehung. Aktion: Lustmarsch durchs Theoriegelände, 2006

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